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Die Geschichte der Gemeinde Wollerau

Bis ins 9./10. Jahrhundert gab es in Wollerau wohl kaum Siedlungen, sieht man von der Möglichkeit jungsteinzeitlicher und frühbronzezeitlicher Pfahlbauten im Gebiete des heutigen Strandweges zwischen Bäch und Richterswil ab. Nach 800 wurde die erste Höhenstufe im heutigen Dorfbereich allmählich ausgeforstet, worauf der Ortsname Wollerau, aber auch der Rodungsname Rütiböl hinweisen. Im Jahre 1217 erscheinen die ersten Ortsvertreter: die Ritter Ulrich und Rudolf mit einem Löwen im Ritterwappen, wohnhaft im Turm auf der Turmmatt (heutige Altersiedlung), östlich vom Krebsbach gelegen und damit der Pfarrei Freienbach zugehörig. Was westlich des Krebsbaches lag, war der Pfarrei Richterswil zugeteilt und stand damit in Verbindung mit den Kreuzrittern, den Johannitern von Wädenswil.

Deswegen setzt sich das erst 1934 geschaffene Gemeindewappen mit Löwe und Johanniterkreuz aus Wappenteilen ehemaliger zuständiger Grundherren zusammen.

Im Raume der heutigen Pfarrkirche stand seit dem 13. Jahrhundert eine kleine Marienkapelle, die 1550 und 1781-87 durch grössere Kirchen ersetzt wurde.

Die politische Oberhoheit über den "Hinteren Hof" Wollerau (identisch mit dem zuständigen Bereich der Korporation Wollerau) hatten bis Mitte des 14. Jahrhunderts die Grafen von Rapperswil und deren Rechtsnachfolger Habsburg-Laufenburg inne. Anno 1342 kaufte sie Jakob Brun, Bruder des Zürcher Bürgermeisters Rudolf Brun. Diese Vogteirechte verschafften dem zuständigen Vogt namentlich durch den Einzug der Bussgelder ansehnliche Einnahmen.

Durch die Expansionsgelüste der Schwyzer in den Raum Zürichsee kam es nach 1436 zum Alten Zürichkrieg, u.a. 1445 zu einer Schlacht bei Wollerau im Rütibüöl. Zürich verlor 1450 im Frieden zu Einsiedeln den "Hintern Hof" Wollerau und den "Vordern Hof" Pfäffikon ans siegreiche Schwyz. Im Jahre 1536 wurde Wollerau von der Pfarrei Richterswil getrennt und zu einer eigenen Pfarrei erhoben, weil die Richterswiler 1529 zur Reformation übergetreten waren.Die Westgrenze bildete daraufhin während Jahrhunderten bis 1847 das militärische Aufmarschgebiet der Zürcher in den Konfessionskriegen von Kappel und Villmergen, aber auch im Sonderbundskrieg von 1847.

Schwyz stellte bis zum Einfall der Franzosen im Jahre 1798 den Obervogt, zuständig für wichtige Rechtsgeschäfte (u.a. die Todesstrafe), aus den Bürgern der Korporation Wollerau ernannte man den Untervogt, der vor allem zivilrechtliche Geschäfte (Dokumentbestätigungen, Erbgänge usw.) betreute.

Das Gemeindegebiet von Wollerau war bis ins 19. Jahrhundert von einigen Handwerkern und Wirtsleuten und von vielen Klein- und Kleinstbauern mit maximal zwei bis drei Grossvieheinheiten besiedelt. Der Krebsbach trieb die Neumühle, die Theilersmühle, die Obermühle und die Untermühle an, was auf einen gewissen Ackerbau in der Gegend schliessen lässt. Während der Französischen Revolution litt das Dorf in den Jahren 1798/99 sehr durch den Einmarsch der Franzosen und deren Gegnern, den Österreichern.

Nach der Helvetik wurde der "Hintere Hof" Wollerau in "Bezirk Wollerau" umbenannt. Bei der Kantonstrennung und der Entstehung eines "Kantons Schwyz äusseres Land" 1831-33 machte der damalige Bezirk Wollerau wegen Streitigkeiten unter den Familien Kümin und Bachmann nicht mit und verblieb -- im Gegensatz zu den Bezirken Pfäffikon, March, Einsiedeln und Küssnacht - beim Alten Land Schwyz.

Nach der Annahme der ersten Bundesverfassung entstand 1848 die politische Gemeinde Wollerau anhand der damaligen katholischen Pfarrei, die schon im 18. und frühen 19. Jahrhundert um zahlreiche Bauernhöfe östlich des Krebsbaches erweitert wurde. Wollerau wurde im neu geschaffenen "Bezirk Höfe" (Zusammenlegung der alten Bezirke Wollerau und Pfäffikon) Bezirkshauptort für vier Jahre, Pfäffikon für deren zwei. Die Bundesverfassung von 1848 ermöglichte auch erstmals die freie Niederlassung und damit den Zuzug von evangelisch-reformierten Glaubensbrüdern und -schwestern. Im Jahre 1918 wurde die innert 13 Monaten errichtete reformierte Kirche östlich des SOB-Bahnhofes eingeweiht.

Das 19. Jahrhundert ermöglichte einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung: Bau der Strasse von Schindellegi über Wollerau nach Richterswil, vom Dorf in die Roos und vom Weingarten nach Freienbach / Bau der Textilfabrik Verenahof / Bau der Färberei und Bleicherei Gebrüder Frei in der Roos / Errichtung eines Schulhauses anno 1834/35. Mit der Eröffnung der SOB-Linie im Jahre 1891 erhielt das Dorf Anschluss an das internationale Eisenbahnnetz. Obwohl anno 1900 das erste Telefon, 1902 die erste Gasbeleuchtung und 1912 die Versorgung mit Elektrizität eingeführt wurden, blieb der bäuerliche und handwerklich/gewerbliche Charakter der etwa 2500 Einwohner zählenden Gemeinde bis zur Eröffnung der Autobahn N3 im Jahre 1968 erhalten.

Planung und Bau der N3 führten in den 1960er Jahren zur Ausarbeitung eines Bauzonenplanes (erster im Kanton Schwyz) und zur Projektierung mehrerer Grossüberbauungen, was über Jahre interne politische Spannungen hervorrief. Allerdings setzte sich der wirtschaftliche Aufschwung, verbunden mit einer starken Bautätigkeit durch, weshalb das bäuerliche Image der Gemeinde und das eher gemächliche Alltagsleben im Dorf seit den 1980er Jahren allmählich verloren gingen. Dieser soziologische Umbruch, verbunden mit einem starken Bevölkerungszuzug und einer sprunghaften Verkehrszunahme, rief nach einem rapiden Ausbau der Infrastruktur: Bau eines Mehrzweckgebäudes und neuer Schulanlagen, Errichtung eines Bezirksrathauses und der Alterssiedlung "Turm-Matt", Ausbau des Busbetriebes, Aus- und Neubau von Turn- und Sportanlagen, Bau eines Werkhofes für Strassenunterhalt und Feuerwehr, Erstellung eines neuen Verwaltungsgebäudes in der "Wächlen" und weitere kommunale Infrastrukturaufgaben. Kurz vor Ende des 20. Jahrhunderts erreichte die Bevölkerungszahl der Gemeinde Wollerau die Zahl von 6000 Einwohnern.